Geschichte der Wehr …
Der Marktflecken Gladenbach hatte eine zentrale Stellung zwischen Allna- und Salzbödetal. Auch die Feuerwehr hat ihre zentrale Stellung seit alter Zeit behaupten können. Aus dem einzigsten Spritzenverband Gladenbach ist eine schlagkräftige Schwerpunktfeuerwehr entstanden.
Das Feuerlöschwesen in Gladenbach wurde über zwei Jahrhunderte durch die Verpflichtung von Bürgern zum Spritzendienst geprägt. Den Spritzen- und Leitermannschaften gehörten überwiegend Handwerker ( Zimmerleute, Dachdecker, Schmiede, Schreiner, u.s.w. ) an. Beamte und Schultheiß stellten das Kommando. Für die Wartung der Spritzen wurde ein Spritzenmeister bestellt. Übungen oder Ausbildung erfolgten nicht. Die Moral der Spritzenmannschaften lies zu wünschen übrig. Ein Beleg für die mangelhafte Einsatzwilligkeit der Löschmannschaften findet sich vom 11.Juni 1842 im Staatsarchiv Marburg. Damals wurden die Gladenbacher wegen nicht Teilnahme an den Brandeinsätzen in Günterod und Niedereisenhausen mit einem Bussgeld belegt.
Da der in 1861 gegründete Turnverein Gladenbach wegen „revolutionärer Umtriebe“ vor einem Verbot stand, entschlossen sich die Mitglieder des Vereins eine Freiwillige Turnerfeuerwehr zu gründen. Dies erfolgte nach einem Protokoll am 14.März 1866: „Gladenbach hatte eine Freiwillige Feuerwehr!“
Schon am 22.Mai 1866 hielt die Freiwillige Feuerwehr ihre erste Übung ab. Das Aus der Turnerfeuerwehr wäre schon wesentlich früher gekommen, wenn sich nicht die vielen Gladenbacher Juden aktiv oder finanziell an dem Fortbestand der Wehr beteiligt hätten.
Trotz alledem, daß „am Damm“ (heutige Teichstraße) ein neues Spritzenhaus gebaut wurde und der Bürgermeister viel von der Arbeit seiner Feuerwehr hielt, hatte sich die Freiwillige Feuerwehr um 1886 wieder aufgelöst. Die Pflichtfeuerwehr musste nun die Brände wieder bekämpfen. Der Band des Hauses Adriansen zeigte den Gladenbachern, wie es am 4.Januar 1900 um den Brandschutz der aufstrebenden Sommerfrische stand: „Es gab praktisch keine Feuerwehr!“. Beherzte Bürger zogen damals die beiden Handdruckspritzen aus dem Gerätehaus zur Brandstätte, andere alarmierten die Feuerwehren aus der Umgebung.
Sieben Jahre nach dem Brand „Adriansen“ wurde die Freiwillige Feuerwehr Gladenbach neu gegründet. Schon am 22./23.Mai 1909 wurde bei einem Großbrand in der Hoherainstraße die Wehr gefordert. Im gleichen Jahr fand das große Bezirksfeuerwehrfest in Gladenbach mit einer Schauübung am Hotel „Deutsches Haus“ statt. Der heimischen Presse konnte man entnehmen, daß alle Beteiligten mit dem Fest und deren Verlauf zufrieden waren.
Der Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 brachte auch die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr zum Erliegen. Am 30.Dezember 1918 traf sich die Wehr zur JHV im Vereinslokal „Goldener Hirsch“. Die Wehrmänner trauerten über ihre acht gefallenen Kameraden. Wie schwer es wurde, „wieder Fuß zu fassen“, zeigten die folgenden Jahre. Der Personalbestand reichte nicht aus, um den Brandschutz zu gewährleisten. Nur durch eine Werbeaktion und die Androhung des Bürgermeisters, eine Pflichtfeuerwehr aufzustellen, konnte der Mitgliederstand verbessert werden. Die Gladenbacher Wehr mußte immer wieder zu Brandeinsätzen ausrücken. Häufige Brandursachen waren, unvorsichtiger Umgang mit Hausbrand, Kamine, Kinderbrandstiftungen und Selbstentzündungen von Heumieten, Blitzeinschlag war weniger Ursache von Bränden.
1931 wurden Teile des Spritzenhauses „am Damm“ saniert, 1934 erhielt die Wehr ihre erste Motorspritze: Es war eine Flader Typ TS4. Die Machtergreifung durch Adolf Hitler am 30.Januar 1933, brachte zahlreiche Veränderungen mit sich. Das Regime begann sich in alle Lebensbereiche einzumischen, auch die Feuerwehren blieben hiervon nicht verschont. Die Feuerwehr Gladenbach wurde 1939 zur Feuerschutzpolizei. Nachdem man Sozialdemokraten aus dem Feuerwehrdienst entfernte, wurden 1935 auch die Juden vom Feuerwehrdienst ausgeschlossen. In Gladenbach traf dies nur bedingt zu, weil nach Angaben aus dem Protokollbuch schon seit 1927 nur noch ein Jude seinen Dienst tat.
In den Kriegsjahren lichteten sich die Reihen der Feuerwehr immer mehr. Neben Hitlerjungen wurden ab 1944 13 Frauen und Mädchen der Feuerwehr zugeteilt. Den letzten Einsatz im Krieg fuhr die Gladenbacher Feuerwehr am 25.März 1945 nach einem Luftangriff amerikanischer Jagdflieger auf den Bahnhof.
Am 28.März 1945 gegen 9 Uhr morgens war der Krieg für Gladenbach beendet. Die Feuerwehr nahm ihre Arbeit am 23.Juni 1945 wieder auf. Die erste Übung nach dem Krieg fand am 21.Oktober 1945 unter Aufsicht der amerikanischen Befehlshaber statt. Da über Nacht in der Stadt das Wasser abgestellt wurde, wäre es beinahe bei dem Brand des Hauses Heldmann zur Brandkatastrophe gekommen. Der Dachstuhl konnte anfangs wegen fehlendem Wasser nicht bekämpft werden. Erst nachdem das Wasser angestellt wurde, konnte die Feuerwehr mit den Löscharbeiten beginnen.
Brandmeister Wilhelm Schwarz empfahl darauf der Bevölkerung, sich über Nacht mit mehreren Eimern Wasser zu schützen. Der Kreisfeuerwehrtag 1949 fand im Saal des ehemaligen Reichsarbeitsdienstlager statt. Ein Jahr später erhielt die Wehr ein LF15. Mit dem neuen Fahrzeug hatte sie den gesamten Brandschutz im Salzbödetal zu übernehmen. Die neue und leitungsfähigere Technik bestand bei Großbränden in Römershausen und Damm ihre Bewährungsprobe.
Mit dem Brand des eigenen Gerätehauses am Abend des 4.Dezember 1958, begann für die Wehr ein jahrelanges Tauziehen um eine geeignete Unterkunft. Eine neue Feuerwehrgarage in der Turnhalle der Freiherrr-vom-Stein-Schule war von Anfang an zu klein und völlig ungeeignet für die Bedürfnisse einer größeren Feuerwehr. Anfang 1964 wurde die Wehr mit einem neuen LF8, einem Pulverlöschanhänger und einer 12 m Anhängerleiter ausgerüstet. Die Kameraden steuerten einen VW-Bus als Mannschaftstranporter bei.
Am 7.August 1968 brannte es auf der Aurorahütte, drei Tage später brannte ein landwirtschaftliches Anwesen in Runzhausen nieder. Die Wehr fuhr in dieser Zeit ca. 8 bis 10 Einsätze im Jahr.
In 1969 hatte das Land Hessen ein Feuerwehrstützpunktkonzept vorgelegt, darin war Gladenbach als eine von sieben Stützpunktfeuerwehren im Landkreis Marburg-Biedenkopf vorgesehen. Zu dieser Zeit plante das Land Hessen 106 Feuerwehrstützpunkte, verteilt über das ganze Land. Die Feuerwehren sollten zentral gelegen, schlagkräftig sein und mindestens 46 Mitglieder in der Einsatzabteilung haben. Ziel war „kurze Einsatzzeiten“.
Um weiterhin ausreichend Nachwuchs zu haben wurde 1971 ein Jugendfeuerwehr geründet, die bis heute hervoragende Arbeit macht und Jährlich für neue Einsatzkräfte sorgt.
Hauptbrandmeister Wilhelm Schwarz legte aus Altersgründen sein Amt nieder, sein Nachfolger wurde Peter Bellersheim. Nach zweijähriger Bauzeit ( 1979 bis 1981 ) konnte die Freiwillige Feuerwehr Gladenbach am 7.Februar 1981 offiziell ihr neues Zuhause in Besitz nehmen. Mit der Aufgabe als Stützpunktfeuerwehr änderte sich vieles. Es mußte mehr geübt werden, die Einsätze erhöhten sich und man stellte fest, daß man mit dem vorhandenen Gerät die anfallenden Einsätze nicht optimal bewältigen konnte. Aus Vereinsmitteln wurde ein gebrauchtes HLF16 in Dienst gestellt und über eine große Spendenaktion konnte man im Dezember 1983 eine gut erhaltene DL18 erwerben. Die neue Drehleiter wurde schon kurze Zeit später bei einem Dachstuhlbrand in der Schloßallee benötigt.
1982 wußte man noch nicht, daß die FFW Gladenbach älter als 75 Jahre war, daher wurde das 75-Jahrige mit dem Kreisfeuerehrtag in Gladenbach gefeiert. Trotz eines attraktiven Programms nahm die Bevölkerung nur spärlich an dem Fest teil. Auch die Tage der „offenen Tür“ waren anfangs schlecht besucht. Erst nach 1987 lies sich die Bevölkerung der Stadt nicht zweimal bitten, wenn die Feuerwehr einlud.
Peter Bellersheim wollte sich auf seine Arbeit als Stadtbrandinspektor konzentrieren. Das Amt des Wehrführers übernahm Arthur Pflug und Uwe Höhn unterstützte ihn als stellv. Wehrführer.
Um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden, wurde die Ausrüstung durch einen LKW für Gerätenachschub, einem TLF16/25 und einem neuen Tanklöschfahrzeug ergänzt und verfügte als erste Freiw. Feuerwehr über eine moderne Hochdruckpumpenanlage.
Um die Ausbildung weiter zu verbessern, schickte man immer mehr Kameraden zu Lehrgängen auf die Hessische Landesfeuerwehrschule nach Kassel. Seit 1980 finden die Grundlehrgänge in Gladenbach statt. Die Wehr stellte hierfür immer wieder Kreisausbilder. Nach Peter Bellersheim und Peter Winkel, die von 1972-1979 als Ausbilder fungierten, sind jetzt als Kreisausbilder: Markus Baumann seit 1997, Thomas Kraus seit 1988, Artur Pflug von 1986 bis 1996, Jörg Palm von Anfang 1998 bis Ende 1998 und Christoph Rücker seit 1998 tätig.
Einen ihrer größten und schwierigsten Einsätze erlebte die Wehr Gladenbach am 17.Januar 1992, als die „Alte Zigarrenfabrik“ einem Großbrand zum opfer fiel. In letzter Minute konnten fünf Bewohner von den Flammentod gerettet werden.
In den nachfolgenden Jahren folgten weiter dramatische Brand- und Rettungseinsätze: 1992 Großbrand im BSF-Zentrum, 2,5 Millionen DM Sachschaden, 1993 verschüttete Person in Weidenhausen, „Pferd in Grube“ in Römershausen. 1994 Großbrand in Mornshausen, FFH-Heißluftballonabsturz bei Allna. 1995 bewältigte die Wehr alleine sieben Großbrände! Darunter der Brand des Schuhhauses Schmidt am Marktplatz und zweimal auf der Grube Erin.
Am 12.Mai 1995 trat Peter Bellersheim nicht mehr zur Wahl an. Der 31jährige Thomas Kraus wurde zum Nachfolger von Bellersheim gewählt. Die 200köpfige Versammlung verabschiedete Bellersheim mit minutenlangen „Standing Ovations“. Dieter Pitz aus Weidenhausen bleibt stellvertretender Stadtbrandinspektor. Der langjährige Stadtjugendfeuerwehrwart Rolf Wilhelm wurde für seine Verdienste in der Deutschen Jugendfeuerwehr ausgezeichnet. Wilhelm war 20 Jahre Stadtjugendfeuerwehrwart.
1996 konnte die Gladenbacher Feuerwehr auf ihr 130jähriges Bestehen zurückblicken. Hobbyhistoriker Jörg Palm hatte aus dem Fundus des Staatsarchivs Marburg die entsprechenden Belege zusammengestellt und verfasste eine Chronik. Auch sorgte er für eine gut angenommene Fotoausstellung in der Schalterhalle der Volksbank und zweier Optikergeschäfte in Gladenbach.
Das Fest am 31. August und 1.September 1996 wurde zu einem vollen Erfolg. Auch wurde eine neue Drehleiter (DLK23-12) und ein Gerätewagen Gefahrgut (GWG1) in den Dienst gestellt.
Wie eng Licht und Schatten in der Wehr zusammen lagen, zeigten die Jahre 1996 und 1997. Zwichen der Wehrführung und dem amtierenden Stadtbrandinspektor kam es immer öfter zu Unstimmigkeiten die auch immer mehr in der Mannschaft der Wehr Gladenbach um sich schlug. Der Konflikt eskalierte dann 1997 völlig, der Streit wurde über Magistrat und den Zeitungen ausgetragen. Die Unstimmigkeiten wurden auf der Jahreshauptversammlung der Wehr im November 1997 „bereinigt“. Ein Wehmutstropfen blieb doch, die Wehr mußte sich eine neue Führung wählen.
Die Einsatzzahlen der Stützpunktfeuerwehr haben sich inzwischen auf 40 bis 50 Einsätze im Jahr eingependelt, es ist zu erwarten, daß die Einsatzzahlen noch weiter steigen werden. In Zukunft stehen der Stützpunktfeuerwehr Gladenbach noch viele Änderungen bevor. Die Tagesalarmsicherheit muß verbessert werden. Viele Wehrleute arbeiten bereits außerhalb von Gladenbach. Die Ausstattung muß den Bedürfnissen der Wehr angepasst werden. Der Stützpunkt muß erweitert werden. Schon seit Jahren wird das Gebäude seinen Anforderungen nicht mehr gerecht. Vorschriften, Erlasse und Richtlinien müssen auf ihre tatsächliche Erfordernis geprüft werden – dies gilt nicht nur für die Feuerwehr Gladenbach.
1997-2000 hatte die Freiwillige Feuerwehr Gladenbach 3 schwere Jahre und wieder wechselten zwei Wehrführungen wegen Differenzen mit dem amtierenden Stadtbrandinspektor. Die Einsatzzahlen stiegen wie befürchtet weiter an. Am 13. November 2000 trat der amtierende Stadtbrandinspektor zurück. Mit Reiner Horak wurde Anfang 2001 ein gemeinsamer Neuanfang gemacht, der bis heute als sehr gelungen zu bezeichnen ist.
2002 wurde ein Hilfeleistunslöschduppenfahrzeug HLF 16 Hessen angeschafft. Ein Jahr später noch ein Wechsellader Fahrzeug der alte Aufbau des Rüstwagens wurde als Abrollbehälter umgebaut.
Im Jahr 2012 wurde der Einsatzleitwagen ersetzt und mit moderner Technik ausgestattet.
Da es mitlerweile auch in der Jugendfeuerwehr schwierig geworden ist Mitglieder zu gewinnen, da viele Kinder mit 10 Jahren schon in anderen Vereinen sind wurde 2006 eine Kinderfeuerwehr gegründet, die FireKids. Zu dieser Zeit gab es nur 2 Kindergruppen im gesamten Landkreis.
2016 konnten wir unser 150 jähriges Jubiläum feiern.
Das in die Jahre gekommen TLF 16/25 wurde 2020 durch ein modernes Tanklöschfahrzeug (TLF 3000) ersetzt. Aufgrund der immer mehr werdenden Wald- und Flächenbränden wurde dem Fuhrpark außerdem ein TLF 4000 hinzugefügt, welches Landkreisweit im Einsatz ist. Mit den 3 Löschfahrzeugen können nun über 10.000 l Wasser mit an die Einsatzstelle gebracht werden.
Die Einsatzzahlen liegen mitlerweile bei über 100 Einsätze pro Jahr
Die Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Gladenbach
1866-1886 M.Schulz, Heinrich Theis
1887-1901 – nicht bekannt –
1902-1907 Wilhelm Koch, Luis Zacharias
1907-1934 Wilhelm Koch, Luis Zacharias
1934-1940 Julius Gessner, Luis Zacharias
1934-1940 Heinrich Lang, Karl Zacharias
1940-1943 Wilhelm Koch, Luis Zacharias
1944-1945 Luis Zacharias
1945-1970 Wilhelm Schwarz, Bertold Friebertshäuser
1970-1981 Peter Bellersheim, Peter Winkel (E.Velte für 2 Jahre)
1981-1984 Peter Winkel, Hermann Baumann
1984-1985 Peter Bellersheim, Arthur Pflug
1985-1990 Peter Bellersheim, Arthur Pflug
1990-1997 Arthur Pflug, Uwe Höhn
1997-1998 Hermann Baumann, Jörg Palm
1998-2000 Hermann Baumann, Michael Kreide
2000-2008 Markus Baumann, Michael Damm
2008-2015 Markus Baumann, Thorsten Dechert
2015-2017 Michael Kreide, Jan Willms
2017-2021 Michael Kreide, Peter Wedel, Carsten Müller
2021- Peter Wedel, Carsten Müller, Stefan Wagner